350 Jahre Friedrichshof – Wilhelmshof  

Heimattreue Landsleute aus Friedrichshof und Wilhelmshof waren am 28. Mai 1995 im Saalbau unserer Patenstadt Herne (Wanne-Eickel) zusammengekommen, um der Gründung ihrer Heimatdörfer vor 350 Jahren zu gedenken. Aber auch Landsleute aus den Nachbargemeinden Farienen, Lindengrund, Langenwalde, Groß Blumenau, Neuwiesen und Wildheide ließen es sich nicht nehmen, an diesem besonderen Tag dabeizusein.

In seiner Begrüßung wies Erich Sadlowski auf die besondere Bedeutung dieses Heimattreffens, und zwar anläßlich des 350jährigen Jubiläums, hin. Sein besonderer Gruß galt dem Vorsitzenden der Kreisgemeinschaft Ortelsburg, Edelfried Baginski und Dieter Künne vom Kulturamt der Patenstadt Herne. In seiner anschließenden Ansprache ging Edelfried Baginski auf die unrechtmäßige Vertreibung der Menschen aus Ostdeutschland vor 50 Jahren ein. Des weiteren würdigte er die Tapferkeit der in Ostpreußen kämpfenden deutschen Soldaten. Trotz der ausweglosen Lage hätten sie alles gegeben, um den Menschen die Flucht vor der Roten Armee zu ermöglichen. Wenn dies auch nur zum Teil gelang, so verdanken doch viele ihr Leben den Soldaten aus allen Wehrmachtsteilen.

Der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, hatte eine Grußbotschaft geschickt, die mit viel Beifall aufgenommen wurde. Nach der Ansprache des Kreisvorsitzenden wurde der Toten gedacht. Die Worte zum Gedenken der Toten sprach Elisabeth Kröhne-Gramatzki – begleitet vom Glockengeläut einer heimatlichen Kirche. Außerdem ging Elisabeth Kröhne näher auf die Gründung und den Werdegang der beiden Dörfer bis zur Vertreibung im Jahr 1945 ein.

Anläßlich des Heimattreffens hatte Erich Sadlowski eine kleine Sammlung von Landkarten, Fotos und Dokumenten aus dem Kirchspiel Friedrichshof vorbereitet. Ein naturgetreues Modell vom Dorf Wilhelmshof bereicherte die Aussteilung, der viel Beachtung geschenkt wurde.

Entsprechend der Bedeutung dieses Tages war auch der Saal geschmückt. Dies war nur möglich geworden durch großzügige Spenden einiger Landsleute.

Ob in der Vergangenheit ein Gründungsjubiläum in Friedrichshof und Wilhelmshof begangen worden ist, ist nicht überliefert. Aus den bekannten Gründen konnte das 300jährige Jubiläum (1945/46) nicht gefeiert werden. Wir sind uns alle sicher, daß bei Erhalt unserer Heimat dieses Jubiläum mit einer Festwoche begangen worden wäre. Leider war uns dieses nicht vergönnt, und so mußten wir uns 50 Jahre später mit einer bescheidenen Gründungsfeier an einem fremden Ort zufriedengeben.

Nach dem offiziellen Teil des Heimattreffens saßen die Landsleute noch lange zusammen, um in Erinnerungen an Vergangenes zu schwelgen, das bei manchen schon in Vergessenheit geraten war.

Geschichtlicher Rückblick

Wenn man ein Jubiläum begeht, dann hält man im allgemeinen auch eine kleine Rückschau auf den Jubilar. So wollen wir es auch mit unseren Jubilaren Friedrichshof und Wilhelmshof halten. Über den Werdegang der beiden Dörfer ist ausführlich in den Dorfchroniken "Friedrichshof – das Dorf an der Grenze" und "Wilhelmshof – ein Dorf in Ostpreußen" berichtet worden. Wir können uns daher auf den geschichtlichen Teil beschränken.

Wie schon aus den am Ende dieses Artikels gezeigten Urkundenabschriften zu ersehen ist, erfolgte die Gründung der beiden Dörfer fast zur gleichen Zeit, nämlich Friedrichshof 1645 und Wilhelmshof 1646. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Entwicklung der beiden Bauerndörfer am Anfang ähnlich verlief. Während Wilhelmshof, sieht man von den später entstandenen zwei Ziegeleien ab, auch danach immer ein Bauerndorf geblieben ist, hat Friedrichshof im Laufe der Zeit eine etwas andere Richtung eingeschlagen.

Es begann damit, daß Friedrichshof durch ein königliches Reskript (Erlaß) vom 22. Oktober 1789 zum Marktflecken erhoben wurde. Durch die Genehmigung von Wochen- und Jahrmärkten gewann der Ort immer mehr an Bedeutung. Die Zahl der niedergelassenen Handwerks- und Industriebetriebe und anderer Gewerbetreibenden vergrößerte sich zusehends. Zur wirtschaftlichen Enrwicklung trug auch der "kleine Grenzverkehr" mit Rußland/Polen zu Anfang des 20.Jahrhunderts bei. Begünstigt wurde dieser Handelsverkehr durch die große Chaussee, die von Ortelsburg über Friedrichshof zur Reichsgrenze (Zollstation) führte. So erhielt Friedrichshof mit der Zeit einen kleinstädtischen Charakter.

Von den beiden Orten Friedrichshof und Wilhelmshof erfolgte die weitere Besiedlung des südöstlichen Teils des Kreises Ortelsburg. Abgesehen von kleinen Feuerstellen, die durch Pottaschebrennereien entstanden waren, war das ganze Gebiet Wildnis. Für die Siedler ein schwerer Beginn, sich aus diesem Urwald eine Existenzgrundlage zu schaffen. Aber mit viel Fleiß und persönlicher Bescheidenheit wurde eine Kulturlandschaft geschaffen. Leider blieben Rückschläge nicht aus. Neben den Mißernten, die von Zeit zu Zeit auftraten, waren es die feindlichen Überfälle durch die östlichen Nachbarn, die ein stetiges wirtschaftliches Wachstum verhinderten. Im 2.Schwedisch-Polnischen Krieg (1654-1660) wurde Masuren schwer heimgesucht. Die Polen, die sich mit den Tararen verbündet hatten, zogen mordend und brandschatzend durch das Land. Anschließend wütete die aus dem Osten eingeschleppte Pest in Ostpreußen. Besonders in den Jahren 1709-1711 forderte sie viele Menschenopfer. Etwa ein Drittel der Bevölkerung starb an der furchtbaren Seuche.

Erneute Leiden kamen über das Land, als die Russen während des Siebenjährigen Krieges 1758 Ostpreußen in ihren Besitz nahmen. Schon damals wollte Zarin Elisabeth Ostpreußen in das russische Reich einverleiben. Durch Zwangsabgaben in Form von Geld und Naturalien an die russische Armee hatte besonders die Landwirtschaft zu leiden.

Das gleiche wiederholte sich im unglücklichen Krieg von 1806/07. Nur waren es diesmal französische Truppen, die das Land ausbeuteten. Die Drangsalierungen erreichten ihren Höhepunkt, als Napoleon 1812/13 mit seiner Armee nach Rußland marschierte. Aus der Bevölkerung wurde das Letzte herausgepreßt, damit die gewaltigen Truppenmassen verpflegt werden konnten. Aber schon ein Jahr später trat die bisher so siegreiche Armee geschlagen ihren Rückzug an. Teilweise artete der Rückzug in wilde Flucht aus, hart bedrängt von den nachfolgenden Russen unter Kaiser Alexander I.

Und wieder war es unsere Heimat, die in schwere Mitleidenschaft gezogen wurde. Sollte die Not denn kein Ende nehmen? Die Menschen waren schon mutlos geworden von dem vielen Leid, das sie bis jetzt erfahren mußten. Hoffnung kam erst auf, als der preußische General Yorck in der denkwürdigen Ständeversammlung am 5. Februar 1813 in Königsberg zum Freiheitskampf aufrief. Eine riesige Begeisterung überkam das Land. Die Opferbereitschaft der Bevölkerung war groß, galt es doch, die verhaßte Fremdherrschaft abzuschütteln. Nachdem die Befreiungskriege siegreich beendet werden konnten, brach für unsere Heimat ein hundertjähriger Frieden an.

Der russische Panslawismus, der sich schon in früheren Zeiten zum Ziel gesetzt hatte, große Teile Ostdeutschlands in seinen Machtbereich einzugliedern, war mit einer der Gründe, die zum Ausbruch des 1.Weltkrieges führten. Damit ging eine lange Periode des Friedens zu Ende.

Mit dem Einmarsch der russischen Truppen in Osrpreußen im Jahr 1914 begann erneut eine schwere Zeit. Um sich vor den Übergriffen der russischen Truppen in Sicherheit zu bringen, begaben sich große Teile der Zivilbevölkerung auf die Flucht. Die Behandlung der zurückgebliebenen Bevölkerung durch das russische Militär war unterschiedlich, eine erträgliche Behandlung wechselte mit schweren Übergriffen ab. Im Kreis Ortelsburg wurden 130 Bewohner von den Russen ermordet. Weitere 200 wurden verschleppt, von denen 20 nicht wieder heimkehrten. Trotz der relativ kurzen Zeit, in der sich die russische Truppe im Kreisgebiet befand, war der Kriegsschaden sehr hoch. Durch Brandschatzungen wurden teilweise ganze Orte zerstört. Auch Friedrichshof gehörte zu den Ortschaften, die erheblich zerstört waren. Hinzu kam noch, daß die Russen große Viehherden mitnahmen.

Sofort nach der Vertreibung der russischen Truppen aus Ostpreußen begann der Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer. Zu diesem Zweck hatten sich im Reich Patenschaften gebildet, die auf verschiedene Weise den Aufbau unterstützten. So konnte der Wiederaufbau auf dem Land schon 1920 als beendet angesehen werden. Welch eine großartige Leistung in einer schweren Zeit. Im Gegensatz zu Friedrichshof hatte Wilhelmshof im 1. Weltkrieg sehr geringe Schäden an Wohn- und Wirtschaftsgebäuden zu beklagen. Auch in Friedrichshof schritt der Wiederaufbau zügig voran. Nach Abschluß der Arbeiten entstand ein schönes Dorf, so wie wir es noch heute in Erinnerung haben.

Der verlorene Krieg weckte die Begehrlichkeit der Polen, sich deutsches Reichsgebiet anzueignen. Mit einem besiegten Deutschland, das fast ohne Schutz dastand, glaubten sie ein leichtes Spiel zu haben. Nachdem sie sich schon widerrechtlich die Provinz Posen, Teile von Oberschlesien und Danzig angeeignet hatten, versuchten sie auch den südlichen Teil von Ostpreußen in ihren Machtbereich zu bekommen. Ferner glaubten sie, daß ihnen dann der nördliche Teil Ostpreußens, der ohne Südostpreußen wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig war, auch zufallen würde.

Während sie die oben genannten Gebiete ohne Befragung der dort lebenden Bevölkerung in Besitz nahmen, mußten sie es dulden, daß die Südostpreußen selbst entscheiden sollten, in welchem Staat sie leben wollten. Am 11. Juli 1920 wurde unter der Aufsicht einer alliierten Kontrollkommission eine Volksabstimmung durchgeführt. In einem überwältigenden Bekenntnis zu Deutschland, das noch heute jeden Masuren mit Stolz erfüllt, stimmten für einen Verbleib bei Deutschland 98,2% aller Wahlberechtigten. In Friedrichshof wurde keine Stimme für Polen abgegeben.

Nach dem verlorenen Krieg brachen in Deutschland schwere Zeiten an. Besonders die Provinz Ostpreußen, die durch den sogenannten Korridor vom Reich getrennt war, hatte wirtschaftlich unter den Folgen zu leiden. Das änderte sich erst in den 30er Jahren, als es wirtschaftlich wieder aufwärts ging. Die Arbeitslosigkeit, die erschreckende Ausmaße angenommen hatte, ging stark zurück. Die Produktivität in der Wirtschaft nahm bedeutend zu. Die Menschen schauten wieder hoffnungsfroh in die Zukunft.

Dieser Aufschwung wurde jäh beendet, als der 2. Weltkrieg ausbrach. Über die Entstehung und den Verlauf dieses Krieges, der von dem überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht gewollt war, ist schon viel geschrieben worden, so daß hier auf eine weitere Betrachtung verzichtet werden kann. Genauso verhält es sich mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte, der Vertreibung der ostdeutschen Bevölkerung aus ihrer Heimai die ab 1945 einsetzte. Nur soviel sei gesagt: Die Vertreibung gehört mit zu den größten Verbrechen, die in der Menschheitsgeschichte begangen wurde.

Heute leben die Menschen aus unserem Kirchspiel verstreut in ganz Deutschland, ja sogar in der ganzen Welt. Ein gemeinsames dörfliches Leben hat aufgehört zu bestehen. Was uns noch zusammenhält, ist die Erinnerung an die Heimat und das Gedenken an unsere Vorfahren, die sie für uns geschaffen haben – ein Geschenk, das wir nicht behalten durften.

In unserer Rückschau wollen wir auch die Ev. Kirche von Friedrichshof einbeziehen, war sie doch der geistliche Mittelpunkt unseres Kirchspiels gewesen. Nachdem die erste, im Jahr 1665 erbaute Kirche abbrannte, wurde eine zweite als Fachwerkbau errichtet. Um 1870 wurde sie wegen Baufälligkeit abgebrochen. Die dritte Kirche, in gotischer Form gebaut, wurde am 15.Dezember 1885 eingeweiht. Auffällig an ihr war der hohe Turm, der weit in die Landschaft ragte. Beide Weltkriege überstand die Kirche ohne nennenswerten Schaden.

Die Summe der Vergangenheit

Alles ist die Summe der Vergangenheit – und nichts läßt sich obne seine geschichtliche Entwicklung verstehen. Um unseren Weg in die Zukunft erkennen zu können, müssen wir wissen, woher wir gekommen sind. Heimat und Elternhaus sind ein unvergängliches Vermächtnis. Wohin wir auch gehen, tragen wir ein Stück unserer Heimat mit uns, die als Bestandteil unserer Vergangenheit auch unsere Zukunft beeinflußt. (Wernher von Braun, geboren 1912 in Wirsitz/Westpr., gestorben 1977 in den USA).

Friedrichshof, Gründungsurkunde

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm Markgraf zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Erzkämmerer und Churfürst in Preußen, zu Jülich, Cleve, Berg, Stettin, Pommerischer Herzog bekennen und thun kund vor unß, unseres Erbes und noch kommender Herrschaft, gegen Jedermanniglichen, in Sonderheit aber denen daran gelegen und solches zu wißen vonnöthen, daß wir auf Behandlung des Edlen unseres Forstmeisters zu Rhein, und lieben Getreuen Henrich Ehrentreich von Halle, unserem lieben Getreuen, Jacob Bieber, Zur Anlegung des Dorfes Friedrichowen genant, bey Roßogen im Ortelsburgischen Ambt, Sechzig Huben Damerau und Waldes eingegrenzet und Übergeben haben, Verbrieft und Verschrieben auch hiermit in Kraft dieses Briefes, solche Sechzig Huben benandten Biebers, als dem Schultzen, und anderen Benachbarten, als Einwohnern deßelben Dorfes Friedrichowen, in deren Grenzen, wir hier auf Anordnung unseres gedachten Forstmeisters, durch einen geschworenen Landmeßer, bestellt und begrenzet werden sollen, sambt allen noch darauf stehenden Holtze, ohne die Eichen, Erb und Ewiglich zu Köllmischen Recht Zubesitzen, Zugenießen und Zugebrauchen, diesergestalt und also daß er, Jacob Bieber, als ein Schultz, die anderen aber als Einwohner und Bauern deßelben Dorfes, von dato an auf Vier Jahrelang ganz frey wohnen mögen, damit sie um so viele Jahre einrichten können. Nach Außgang aber der Vier Jahre soll der Schultz zu dem Schultzenambt Sechs Huben von denselben Sechzig Huben, umb und vor Sechs Hundertmark, künftig jedes Jahr zurücklegen, bis dieselbe gezahlt sein, daneben das Kleine Schultzengericht im selbigen Dorfe Zuverwalten, und alldas seinige Zuthun, was andere Köllmische Frey Schultzen obliegiert, Die Einwohner und Bauern aber, von den übrigen Vier und fünfzig Huben, jeglicher Hube auf Martini, was man schreiben wirdt das 1649 Jahr zu Achtmark an Geldern, Ein Scheffel Roggen, Ein Scheffel Gerste, Ein Scheffel Hafer Ambtmaß jährlich Zu Zinsen, solches Schuldig und Verbunden, Die Eichen aber, so noch in derselben Sechzig Huben Grenzen vorhanden, die wir uns vorbehalten ohne unsere, oder unserer Befehlshaber Zulaß, zu fällen nicht benachrichtigt sein, Alles treulich und ohne gefordert.

Urkundlich und mit seiner Churfürstlichen Unterschrift vollzogen 23 February Anno 1645

Wilhelmshof, Gründungsurkunde

Von Gottes Gnaden Wir Friderios Wilhelm Markgraf zu Brandenburg des Heiligen Römischen Reiches Erzkämmerer und Churfürst in Preußen, zu Jülich, Kleve, Berg, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, auch in Schlesien, zu Crossen und Jägerndorf Herzog, Burggraf zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt und Minden, Graf zu der Mark und Ravensburg, Herr zu Ravenstein bekennen und thun kundt vor unß, unseren Erben und noch kommender Herrschaft gegen Jedermanniglichen in Sonderheit aber denen daran gelegen, und solches zu wißen Vonnöthen, daß Wir auf Behandlung des Edlen unseres Preußischen Forstmeisters Hauptmann zu Rhein, und Erben getreuer Henrich Ehrentreich von Halle unserem Lieben Getreuen Hans Simon zur Anlegung des Dorfes Wilhelmmowo genandt im Ortelsburgischen Ambt bei Friedrichowo gelegen, Viertzig Huben Damerow und Waldes eingegrenzet und Übergeben haben, Verbriefen und Verschrieben auch hiermit, in Kraft dieses Briefes, solche Viertzig Huben benandten Hans Simon, als dem Schultzen, und anderen Benachbarten, als Einwohner deßelben Dorfes Wilhelmmowo in deren Grenzen, Wir hier auf Anordnung unseres gedachten Forsrmeisters, durch einen geschworenen Landmesser, bestellt und begrenzet werden sollen, sambt allen noch darauf stehenden Holtze, ohne die Eichen Erb und Ewiglich, zu Köllmischen Rechten Zubesitzen, Zugenießen und Zugebrauchen, diesergestalt und also, daß er Hans Simon als Schultz die anderen aber, als Einwohner und Bauern deßelben Dorfes, von dato an auf Vier Jahrelang, ganz Frey wohnen mögen damit sie sich um so viele Jahre einrichten können. Nach Außgang aber der Vier Jahre soll der Schultz zu dem Schultzenambt, vier Huben von denselben vierzig Huben, umb und vor Vier Hundertmark sind Jahr zu Jahr Hundert Mark baar Zurückzulegen, bis dieselbe gezahlt sein, daneben die Kleine Schultzengericht in selbigen Dorfe Zu verwalten, und all daß seinige Zu thun, als was andere Köllmische Frey Schultzen obliegiert, die Einwohner und Bauern aber, von den übrigen Sechs und dreißig Huben von jeglicher Hube auf Martini wan man schreiben wirdt daß Eintausend Sechshundert und Fünfzigste Jahr zu Achtmark an Geldern, ein Scheffel Roggen, Ein Scheffel Gerste, ein Scheffel Hafer Ambtmaß Jährlichen Zu Zinßen auch soll der Schultz als die Bauern des Schießens nach Wildbret, Wie es Einwohner geben mag, sich gäntzlich Zuenthalten und oft Sie einige Wilddieberein unseren Wildnißen erfahren und Vermerken würden dieselbe, als getreue Unterthanen signiert urd gebühret, an gehörigen Orth Zuberichten sollen Schuldig und verbunden, die Eichen aber, so noch in denselben Viertzig Huben Grenzen Vorhanden so die Wir unß Vorbehalten ohne unsere oder unserer Befehlshaber sonderlich Zulaß Zufällen, nicht benachrichtigt sein, Alles treulich und ohne gefordert. Urkundlichen mit unserer eigenhändigen Subskription und Churfürstlichen Decret bekräftigt gegeben zu Königsberg den Vier und zwanzigsten January Im Jahr Cristi Eintausend Sechshundert Sechs und Vierzig.

Friedrich Wilhelm Churfürst
(L.S.)

Erich Sadlowski   Ortelsburger Heimatbote 1996 S. 22-27


In der Heimatstube der Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Herne befinden sich einige Orts-Chroniken.
Bei Fragen hierzu wenden Sie sich bitte per eMail an das Archiv der Kreisgemeinschaft Ortelsburg.

Wilhelmshof   Ein Dorf in Ostpreußen

Vorwort

Viele Jahre sind seit dem Ende des II. Weltkrieges und der Vertreibung aus unserer ostpreußischen Heimat vergangen. Unsere Toten – gefallen oder vermißt, verschleppt und nicht wieder heimgekehrt, auf der Flucht umgekommen – geraten immer mehr in Vergessenheit. Unsere Ältesten sind verstorben; und die Zahl derer, die sich noch an Wilhelmshof erinnern können, wird immer kleiner. Die heranwachsende Generation kennt die Heimat ihrer Eltern nur noch vom Hörensagen. Wir, als die Erlebnisgeneration, sind deshalb unseren Nachkommen und der Geschichte gegenüber verpflichtet, etwas Schriftliches über die Heimat zu hinterlassen. Denn: "Nur was geschrieben ist, bleibt und spricht auch nach vielen Jahren zu jedem, der danach fragen will" (aus: Heinz Lalla, Goldensee). So darf keine Zeit mehr verloren gehen, wenn Wissenswertes über die Heimat erhalten bleiben soll. So wurde ich bei meiner Idee, etwas über Wilhelmshof zu schreiben, von dem Gedanken geleitet, das Leben und die Leistungen unserer Vorfahren nicht ins Dunkel der Vergangenheit geraten zu lassen. In der jahrhundertelangen Geschichte unserer Gemeinde haben sie viele Opfer für die Heimat erbracht, was einer Würdigung bedarf.

Unsere alte Dorfchronik, die von den Schullehrern geführt wurde, ist 1914 beim Russeneinfall vernichtet worden – für uns ein unersetzlicher Verlust. Wieviele Ereignisse und Begebenheiten der Dorfgemeinde Wilhelmshof mögen in dieser Chronik wohl festgehalten worden sein? Weitere wichtige Unterlagen sind bei der Flucht und Vertreibung 1945 verlorengegangen. Soweit ich auf gedruckte und ungedruckte Quellen zurückgreifen konnte, habe ich sie in dieser Broschüre verwand. Alles andere ist aus der Erinnerung heraus geschrieben worden. Trotz der gebotenen Objektivität sind auch viele persönliche Erlebnisse eingeflossen. Dafür bitte ich alle, die nicht in unserer Dorfgemeinschaft groß geworden sind, um Verständnis. Bei den alten Urkunden und Unterlagen habe ich bewußt die früher gebräuchliche Schreibweise übernommen, um alles so wiederzugeben, wie es auch geschrieben steht.

Trotz intensiver Bemühungen ist es mir leider nicht gelungen, die Schicksale aller Wilhelmshöfer Familien aufzuklären. Sollten einige der vorliegenden Daten Unstimmigkeiten aufweisen, so bitte ich um Entschuldigung. Genauso verhält es sich mit den geschilderten Geschehnissen, auch hier wird der eine oder andere sie anders im Gedächtnis behalten haben als ich. Aber man bedenke auch die große Zeitspanne, die zwischen damals und heute liegt.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Erika Oberdick, geb. Sadlowski, und Wilhelmine Joswig, geb.Itzek, für die mir zur Verfügung gestellten Erlebnisberichte bedanken. In diesen Berichten spiegelt sich der Leidensweg unzähliger ostdeutscher Menschen wieder. Ein weiterer Dank geht an Otto Jakobi, der mir bei der Schriftfassung wertvolle Unterstützung gewährte, an Dr. Walberg für die Hilfe beim Auswerten der alten Schriften sowie an meine Söhne, Dieter und Andreas Sadlowski, die die technische Erstellung dieser Arbeit begleiteten.

Ich widme diese Broschüre allen Wilhelmshöfern, die das Inferno des II. Weltkrieges und der Vertreibung nicht überlebt haben. Möge sie von Generation zu Generation weitergereicht werden, damit unsere Nachfahren noch lesen können, wo und wie damals die Menschen in unserem kleinen Dorf Wilhelmshof gelebt haben.

Inhaltsverzeichnis

Erich Sadlowski   1994


Jubiläumsschrift   350 Jahre Friedrichshof-Wilhelmshof   zusammengestellt von Erich Sadlowski   1995

Grußwort

Zum Heimattreffen der ostpreußischen Landsleute aus dem Kirchspiel Friedrichshof grüße ich alle Landsleute namens des Bundesvorstandes der Landsmannschaft Ostpreußen.

Fünfzig Jahre liegt jetzt der Genozid an den Ostpreußen zurück. Flucht, Verschleppung, Vertreibung, die gewaltsame Austreibung der Ostdeutschen geschah in unterschiedlicher Art und Weise. Sicher ist aber, daß die Menschheitsgeschichte bisher eincn Völkermord in diesem Ausmaß noch nicht erlebt hat. Leider wird darüber in der Öffentlichkeit nicht gesprochen, deshalb ist das ganze Ausmaß der Katastrophe, die Ostdeutschland 1945 betroffen hat, bei den nachwachsenden Generationen kaum bekannt. Ich appelliere deshalb an alle Teilnehmer Ihres Heimattreffens, geben Sie Ihre Erlebnisse und Erinnerungen an die Kinder- und Enkelgeneration weiter. Berichten Sie über Flucht und Vertreibung, wie das der Landsmann Erich Sadlowski in seiner Dorfchronik "Wilhelmshof" in dankenswerter Klarheit getan hat. Liebe Landsleute, über 2,5 Mill. Vertreibungsopfer mit Schweigen hinwegzusehen, hieße die Grenze der Charakterlosigkeit zu überschreiten. Landsmannschaftliche Aktivität muß im Jahre 1995 den Vertreibungsopfern gewidmet sein. So soll es auch bei Ihrem Kirchspieltreffen sein.

Sie gedenken bei Ihrem Zusammenkommen auch der Dorfgründungen von Friedrichshof und Wilhelmshof vor rund 350 Jahren. Damit wird ein wenig Vergangenheit erhellt, auf die wir auch heute noch mit Recht stolz sein können. Die deutsche Geschichte umfaßt rund 1200 Jahre. Zu ihr gehört auch die gewaltige kulturleistung der Besiedllung unserer Heimat Ostpreußen. Lassen wir uns das Urteilsvermögen und nationales Empfinden nicht verkleistern! Wir wehren uns, wenn man die deutsche Geschichte auf die gewiß schrecklichen 12 Jahre der NS-Zeit reduzieren will.

Meine Bitte an alle ostpreußischen Landsleute Ihres Heimattreffens; Halten Sie auch weiterhin treu zu unserer landsmannschaftlichen Organisation, der Landsmannschaft Ostpreußen. Unter der Federführurg der LO haben wir in den letzten fünf Jahren in der Heimat viel erreicht. Ostpreußen wird auch zukünftig ein Stück deutsche Identität haben, und wir werden dafür sorgen, daß in der Heimat die deutsche Sprache nicht ausstirbt. Helfen Sie mit, diese beiden Ziele mehr zu und mehr zu realisieren!

Möge Ihnen ein harmonisches Heimattreffen beschieden sein. In landsmannschaftlicher Verbundenheit grüßt Sie   Ihr Wilhelm von Gottberg   Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen


Grußwort

Liebe Landsleute aus Friedrichshof und Wilhelmshof

Aus Anlaß des 350. Jahrestages der Gründung der beiden Orte grüße ich im Namen der Kreisgemeinschaft Ortelslrurg alle ehemaligen Bewohner in herzlicher, heimatlicher Verbundenheit. Am 28. Mai 1995 versammelten sich in der Patenstadt Wanne-Eickel über 200 Landsleute, um in einer würdigen Feierstunde ihrer Heimat zu gedenken, die in ihrem Herzen unzerstörbar weiterlebt. Mein besonderer Dank gilt dem Vertreter des Landbezirks, dem Landsmann Erich Sadlonwski, für seine unermüdliche und vorbildliche Arbeit für die Ausgestaltung des Treffens und für die Aufbereitung der Geschichte der Heimat.

Das Recht auf Heimat ist ein unveräußerliches und international anerkanntes Menschenrecht. Uns Vertriebenen bleibt die Hoffnung, daß eines Tages in einem vereinten Europa Grenzen überflüssig werden und die Menschen überall friedlich zusammen leben und arbeiten können -- auch wir oder unsere Nachkommen in unserer ostpreußischen Heirnat.

Edelfried Baginski   Vorsitzender der Kreisgemeinschaft Ortelsburg