Alt Werder verdankt seine Entstehung dem ersten bedeutenden Meliorationswerk in Masuren, der Urbarmachung des 450 H großen Lattanabruchs. Es entstanden hier sechs Dörfer: Werder, Borkenheide (Borken bei Willenberg), Lattana, Röblau, Schrötersau und Wagenfeld. Bereits 1767 wurde die Anlage der Siedlungen beschlossen. Die Vorarbeiten zogen sich sehr lange hin, so daß mit der eigentlichen Meliorationsarbeit erst 1794 begonnen wurde, nachdem die von der Domänenkammer geworbenen Ansiedler bereits mehrere Jahre in dem für sie vorgesehenen Gelände in notdürftigen Unterkünften zugebracht hatten. Die aus zahlreichen Anwärtern von der Kammer sorgsam ausgewählten zehn Wirte stammten aus Grammen, Malschöwen, Gilgenau und dem Neidenburger Amt. Nach den vom Kriegs- und Domänenrat von Stolterfoth festgelegten Bedingungen wurden jedem der zehn Siedler fünf H magdeb. "erb- und eigentümlich" zuerkannt. Sie waren verpflichtet, auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus, eine Scheune und einen Stall bei Gewährung des Bauholzes aus der königlichen Forst zu bauen. Nach dem von dem König am 21. Oktober 1785 genehmigten Siedlungsplan "sollte das Dorf nicht als geschlossenes Dorf angelegt, sondern die Häuser und Gebäude in einer gewissen Entfernung dergestalt auseinander placieret werden, daß jeder Wirt sein Grundstück dicht an seiner Kolonie im Zusammenhang zu liegen bekomme und auch die private Hütung darauf behalte". Die in Werder 1796 einsetzende Arbeit wurde von der Kriegs- und Domänenkammer laufend kontrolliert. In einem 1797 dem König vorgelegten Bericht heißt es: "Die Wirte bauen fleißig und sind mit der Rodung gut voran gekommen. 1798 ist der Schulbau abgeschlossen. 1801 werden alle Bauten fertig sein." Gewisse Schwierigkeiten bereitete die Ansetzung von neun Eigenkätnern, die wiederholt Klage über das ihnen zugewiesene Gelände führten. Erst 1817 konnten die Schwierigkeiten beseitigt werden. Zu längeren Verhandlungen zwischen den Einwohnern von Werder und der Domänenkammer kam es wegen der Räumung des in Neuostpreußen gelegenen Serower Grabens, "des ordentlichen und gewöhnlichen Ablaufs des Lattanabruchs". 1804 wurde die Frage durch köngliches Reskript entschieden:
"Die Acquirenten von Werder können von der Rämung des Grabens nicht entbunden werden. Ihre Verpflichtung ist durch königlichen Entscheid vom 16. Oktober 1801 rechtlich begründet." Über die Entwicklung des Dorfes liegt uns ein Bericht der Kriegs- und Domänenkammer aus dem Jahre 1805 vor: "Daß der Wohlstand der Einsassen immer mehr zunimmt, geht schon daraus hervor, daß sie nicht nur prompt ihre Abgaben zahlen, daß sie sich gutes Leinen und Betten anschaffen, das sie zum Teil selbst machen, daß sie auch ihre Häuser reinlich halten und sich dadurch besonders gegen die alten Dörfer dieser Gegend auszeichnen. Auch halten sich diese Wirte, die nicht selbst erwachsene Kinder haben, Gesinde. Ihr Vieh ist in gutem Zustande". Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Einwohnerzahl, wie in anderen Dörfern des Lattanabruchs, zu. Über die wirtschaftliche Entwicklung des Dorfes zu Beginn des 20. Jahrhunderts berichtet Lehrer Bernhard Raether: "Die Feldmark Alt Werder hatte einen hohen Grundwasserstand. Sie bestand zur Hälfte aus sumpfigen Wiesen und Weiden, nur ein Viertel war ackerfähiger, leichter Boden, und das letzte Viertel verteilte sich auf Sumpf und Kiefernwald. Wegen der großen Kalkarmut des Bodens wuchs auf den Wiesen nur saures, minderwertiges Gras. Der sandige Acker brachte nur eine karge Ernte von Roggen und Hafer hervor. Nur der Kartoffelanbau lieferte befriedigende Ergebnisse. Seit der Gründung der Genossenschaft zur Entwässerung und Bodenverbesserung im Jahre 1928 wurde die wirtschaftliche Lage der Bauern entscheidend gebessert. Neue Entwässerungsgräben wurden gezogen und dem Boden Kunstdünger und Kalk zugeführt. Und das Ergebnis: Die vorhandenen Scheunen erwiesen sich als viel zu klein, um den Erntesegen zu fassen. Haferernten bis zum 25. Korn, wie viele Bauern stolz behaupteten, waren keine Seltenheit. Unter der tatkräftigen Leitung der Bauern Johann Krischik und Bernhard Kursch wurde das Werk des Landrats von Poser zum Segen für die ganze Holländerei." Die Aufwärtsentwicklung der Landgemeinde wurde durch den Ausbau der Landstraße Groß Leschienen bis zur Chaussee Friedrichshof-Willenberg wesentlich gefördert.
Die Schule entstand während der Regierung Friedrich Wilhelms III. Der Unterricht wurde zunächst in einem Raume des Bauern Pieweck erteilt. 1903/04 wurde das moderne Schulhaus erbaut, dicht neben dem Bauernhof des Michael Oleschkowitz. Alt Werder bildete mit Wagenfeld und Schrötersau einen Gesamtschulverband. An der Schule in Alt Werder unterrichteten nach dem Ersten Weltkrieg Wilhelm Jobski und Bernhard Raether.
Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Bericht von Wilhelm Zapattka folgende Angaben: Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 hatte die Zivilbevölkerung keine Blutopfer zu beklagen. Auf der Flucht starben Bernhard Kursch und seine Ehefrau. Sechs Einwohner sind als Wehrmachtangehörige gefallen.
Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg
Ausbauhöfe:
1. Wilhelm Klask
2. Adam Soldanski
3. Fritz Klask
4. Johann Sadlowski
5. Michael Oleschkowski (Altsitzer), Emil Podscharly
6. Wilhelm Zapatka
7. Karl Wrobel
8. Bernhard Kursch
9. Johann Krischik
10. Johann Rattay (Altsitzer), Heinrich Ollech
11. Michael Sera
Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg