Landgemeinde Großalbrechtsort (Groß Piwnitz)   [Piwnice Wielkie]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Groß Piwnitz ist eine Gründung des Herzogs Albrecht Friedrich. Nach ihm hat später der Ort seinen Namen erhalten. Die Gründungsurkunde ist am 4. April 1571 ausgestellt. Erster Dorfschulze war der Krüger Hartwig aus Willenberg. Er erhielt vier zinsfreie Hufen zum Schulzenamt. Den anderen Einwohnern wurden 40 H zugesprochen. Sie mußten sich verpflichten, "gleich anderen cöllmischen Dörfern zu scharwerken" und nach Ablauf der sechs Freijahre von jeder Hufe eine Mark und zwei Hühner zu zinsen. Nach einer in der Willenberger Amtsrechnung 1713 enthaltenen Notiz waren von 38 Bauernhufen 32 mit 16 Bauern (unter ihnen Adam Wrotzek, Woytek Jakzig, Andres Modzel) besetzt. Sechs H waren als "wüst" bezeichnet. Aus dem 18. Jahrhundert (1748, 8. Februar) stammt ein im Ostpr. Fol. 380/17 verzeichnetes Krugprivileg für Valentin Beba. Ihm wurde zur Pflicht gemacht, "kein anderes Bier als Amtsbier zu verschenken". Mit dem Schankhaus war eine Hökerei verbunden, in der er "Salz, Licht, Tabak, Pfeffer, Ingwer, Essig und Theer" verkaufen durfte. Bei einer Neuvermessung des Dorfareals im Jahre 1783 wurde ein Übermaß von 16 H 6 M 90 R magdeb. festgestellt, das von der Dorfschaft für 300 Taler erworben wurde. Eine weitere Vergrößerung der Dorfgemarkung ist in der Willenberger Prästationstabelle 1786/87 erwähnt. Gelegentlich der Korpeller Forstseparation wurden der Gemeinde 27 H 28 M 11 R magdeb. "im Bruche Czenzel, so wie solche Huben von dem Kammerkondukteur Tite vermessen, und 36 H 23 M 36 R magdeb. nach den am 12. Oktober 1785 festgelegten Conditiones" zugesprochen. Auf diesen Ländereien wurden 29 Schatullwirte (u. a. Christoph Krzikowski, Paul Jakubzig, Paul Schuster) angesiedelt. Das Reformzeitalter brachte die Befreiung der Bauern vom Scharwerksdienst. 1835 war die Separation im Dorfe "nahezu beendet". Die Willenberger Prästationstabelle 1841 verzeichnet auf einem Areal von 7 758 M 92 R 37 Eigentümer, "vormalige Immediateinsassen", 39 Schatullbauern, einen Erbpächter und zwei Eigenkätner. Im Zuge der Separation verlegten viele Bauern - der letzte Bürgermeister Gustav Grudzinski erwähnt 33 - ihre Höfe in die Außenschläge der Dorfgemarkung. Unter den Ausgebauten seien erwähnt: Östlich der Provinzialchaussee Burdenski, Stenzel, Friedrich Zielasek, Johann Grudzinski, Ruskowski, westlich der Provinzialchaussee Modzel, Dziarstek, August Jakubzik, Podewa, Zeranski, Zapatka, Bartuschweski. 1939 gab es in Groß Albrechtsort 68 landwirtschaftliche Betriebe: 17: 0,5-5 ha, 10: 5-10 ha, 11: 10-20 ha, 30: 20-100 ha. Mit dem Abschluß der Omulefmelioration läßt sich eine entscheidende Aufwärtsentwicklung feststellen. Durch Ausbau des Albrechtfließes, durch Ziehung von Nebengräben konnten die Bauern auf dem ehemaligen Sumpfgelände über 100 Zentner Heu je Morgen ernten. Viele Bauern, unter ihnen Franz Knischewski und Johann Grudzinski bewirtschafteten ihre Ländereien nach modernen Methoden. An gewerblichen Betrieben waren vorhanden: Eine Gastwirtschaft (Burkatzki), eine Motormühle (Dusella), eine Kalksteinziegelei (Wilhelm Baran), eine Mahlmühle.

Im Dorfe befand sich eine zweiklassige Volksschule.

Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Berichte von Gustav Grudzinski folgende Angaben: Am 19. Januar 1945 erfolgte der Räumungsbefehl. Ein Teil der Bevölkerung begab sich nach Willenberg, um mit der Bahn nach dem Westen befördert zu werden. Ein Teil schloß sich dem Treck an, der von Friedrich Baran im Ort zusammengestellt wurde. Die Fahrt ging über Mensguth-Heilsberg über das Haff bis nach Neustadt in Pommern. Hier wurde der Treck von Russen gestellt und zur Rückkehr gezwungen. Die im Ort zurückgebliebenen Einwohner traf ein schweres Los: Beim Einmarsch der Russen wurden folgende Einwohner erschossen: Altsitzer Friedrich Jakubzik, Arbeiter Friedrich Lippek und Frau Dorothea, Johann Podesva, Altsitzerin Podesva, Arbeiter Gustav Hartwich, Arbeiter August Hartwich, Altsitzer Wilhelm Lichtenstein, Frau Helene Lichtenstein, Landwirt Wilhelm Schimanzik, Frau Wilhelmine Schimanzik, Tochter Emma Schimanzik, Bauer Alois Zappatka, Arbeiterfrau Zeliskowski. Auf der Flucht wurden von Russen erschossen: Bauerntochter Ida Jakubzik bei Ruttkau (Ruttkowen), Landwirt Karl Chilla und Bauernsoh Karl Zeranski bei Theerwisch. Außerdem kamen auf der Flucht neun Personen ums Leben. 32 Einwohner sind als Angehörige der Wehrmacht gefallen.

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Karl Schiemanski   2. Otto Burdenski   3. Wilhelm Symanzik   4. Adolf Zilaseck   5. August Sontowski   6. Johann Grudzenski   7. Friedrich Buskowski   8. Heinrich Stenzel   9. Karl Poel   10. August Milewski   11. Wilhelm Somplatzki   12. August Gallwitz   13. Franz Knieschewski   14. Heinrich Rohmann   15. Heinrirch Suncka   16. Karl Chilla   17. Wilhelm Baran, Ziegeleibesitzer   18. Friedrich Bartoschewski   19. Alois Zapatka   20. Emil Zeranski   21. Theophil Podeswa   22. Friedrich Plewka   23. Frierdrich Galla   24. Johann Pawelzik   25. Friedrich Baran   26. Johann Sadowski   27. Gustav Modzel   28. Gottlieb Dziarstek   29. August Jekubzick   30. Arthur Bartsch   31. Erich Kapteina   32. Ludwig Bojarzin   33. Adam Galonska   34. Otto Müller   35. Friedhof der Gemeinde Großalbrechtsort

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg