Landgemeinde Mingfen   [Miętkie]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Vorgeschichtliche Funde: Großsteingräber: Ende der Jüngeren Steinzeit, Augenfibeln, gotischer Einfluß: 50 nach Chr. Tierkopffibeln, Armbrustfibeln (gotischer Einfluß 3./4. Jahrhundert nach Chr.)

Die Gründungsurkunde ist nicht mehr vorhanden. Die älteste Erwähnung des Ortes findet sich in einer Urkunde 1408 (Saborowski, a. a. O., S. 115). In diesem Jahre verlieh der Hochmeister Ulrich von Jungingen "dem Herrn Friedrich von Sapoten zu Hilfe seinem alten Gute: eine Hube und zwei Morgen Eichener Dameraw (Eichenwald, gelegen bei dem Dorfe Myncwin, an der Grenze zwischen dem See Langschoben (Lensksee) und dem See Mingwen". Im Jahre 1468 kommt der Güterkomplex Rheinswein, Erben, Mingfen und Rogenau (Rogallen) an die Brüder Friedrich, Günther, Hans und Balthasar Küchmeister von Sternberg. Mit diesem Besitz entschädigte der Orden die genannten Brüder "für die treuen Dienste, die sie während des 13jährigen Krieges geleistet hatten". Unter den wenigen Quellen, die im 16. Jahrhundert Auskunft über Mingfen geben, befindet sich ein Krugprivileg des Ortelsburger Pflegers Hans von Kotwitz für Nicolay Staaß aus dem Jahre 1506. Ausführlichere Nachrichten über Mingfen bringt die Ortelsburger Amtsrechnung des Jahres 1615. Hier heißt es: "50 Huben, davon hat Hans Küchmeister von Rheinswein zehn Huben ganz frei - es ist der letzte adlige Anteil an der Mingfener Dorfgemarkurg - fünf Frei-Huben für den Dorfschulzen, zwei Huben für den Krüger, sechs Huben für drei Biener. Diese sollen fernerhin, da sie wenig Honig geliefert, den Bauern gleich zinsen, sollen für eine Tonne Honig fünf Mark Zahlung erhalten. 27 Huben für 13 Bauern, die in den Vorwerken Ortelsburg und Mensguth scharwerken." Hufenzahl und Zahl der Eigentümer haben sich im Laufe des 17. Jahrhunderts nicht geändert. Die Ortelsburger Prästationstabellen 1698 verzeichnen 58 H, von denen 28 "unbesetzt und daher wüst daliegen". Alle diese Hufen werden im Zuge der innenkolonisatorischen Maßnahmen Friedrichs des Großen in der Zeit von 1743-1751 wieder besetzt. Die Namen der 15 Assekuranten sind im Ortelsburger Grundbuch 15 580 überliefert: Christian Pillath, Paul Dohmann, Bartek Dichmann, Erdmann Glaß, Fritz Mrongo, Jan Olschewski, Adam Olschewski, Fritz Laskowski, Michael Pillath, Michael Rogowski, Jan Rogowski, Bartek Rogowski, Michael Zuchalla, Michael Posziech, Fritz Wittkowski. Jeder der genannten Assekuranten hatte auf seinem Grundstück innerhalb von fünf Jahren ein Wohnhaus, einen Stall und eine Scheune zu bauen. 1784 wird der letzte Rest des adligen Besitzes in Mingfen auf die vier Bauern George Nikolovius, Johann Pillath, Christoph Witkowski und George Bork aufgeteilt. Die Vermögensverhältnisse der Mingfener Eigentümer werden in den Bereisungsprotokollen 1787 (Ortelsburger Prästationstabelle) als "mittelmäßig" bezeichnet.

Bei der Gemeindeauseinandersetzung werden die Außenschläge der Dorfgemarkung - unter diesen werden die Ländereien im Nordosten mit dem Flurnamen "Dombrowen", im Süden mit "Stuki", im Osten mit "Laski" bezeidrnet - in intensivere Kultur genommen. Mehrere Bauern verlegten ihre Höfe in diese Räume. Nach dem Separationsrezeß des Jahres 1860 blieb bei der Aufteilung ein Waldstück, der "Sbitek" (= der Rest) übrig. Er wurde später an den "westlichen Glaß" verkauft. In dieser Zeit erfuhr die bisher geschlossene Dorfanlage eine Auflockerung. Die Bauernhöfe im Dorf säumten zwei Hauptstraßen, die vier Teiche einschlossen, im Nordwesten den Weidenteich, in der Mitte den Dorfteich, im Nordosten den Großen und Kleinen Stotzek.

1939 gab es in Mingfen 91 landwirtschaftliche Betriebe: 33: 0,5-5 ha, 22: 5-10 ha, 21: 10-20 ha, 15: 20-100 ha. Unter ihnen waren 27 Ausbauhöfe. Der größte Grundbesitzer war Martin Glaß (1900: ca. 205 ha Ackerland und Wald). Dem Grundstück angeschlossen war ein Gasthaus, das Glaß verpachtet hatte. 1909 erfolgte die Teilung des Besitzes. Vorbildlich wirtschaftete Bauer Witkowski als zweitgrößter Grundbesitzer. Seine Pferde und sein Viehbestand waren mustergültig. Bauer Poppek, auf der Mitte zwischen Mingfen und Rheinswein wohnend, arbeitete als erster mit modernen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts lassen auch Industrie und Handwerk einen Aufstieg erkennen. Ein fördernder Faktor dieser Aufwärtsentwicklung war die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse: 1907 Bau der Eisenbahnstrecke Ortelsburg-Bischofsburg, Bahnstation für Mingfen: Neu Keykuth, Ausbau der Chaussee Erben-Markshöfen (Marxöwen) - Opukelmühle. Über das aufblühende Wirtschaftsleben berichtet Lehrer Otto Fischer: In der Inflation bewunderte man den Entschluß des Gastwirts Dohmann, in der Nähe des Gasthofes eine Mahl- und Sägemühle zu bauen. Während er die Mahlmühle selber leitete, verpachtete er das Sägewerk an seinen Stiefsohn Richard Springer. Den Beweis für die Notwendigkeit beider Werke erbrachte die Zahl der Kunden. Guten Absatz fanden auch die Mühle von Kaiser und die Ziegelei von Bauer Kraska.

Auch das Handwerk brauchte über Mangel an Aufträgen nicht zu klagen. Es war in Mingfen durch folgende Betriebe vertreten: eine Schmiede, eine Stellmacherei, zwei Schneider, zwei Schuhmacher, sechs Maurer, vier Tischler, einen Dachdecker, zwei Zimmerer, ein Maler, eine Bäckerei, zwei Fleischereien. Die Gastronomie war in Mingfen mit zwei Gasthäusern (Wilhelm Dohmann, später an Oskar Springer verpachtet, Glaß, später an Olga Dominik verpachtet), vertreten. Zu erwähnen seien noch die Warenhäuser von Jakubassa, der Kaufladen von Anton Nowoczyn. 1925 schlossen sich fortschrittliche Einwohner dem Stromnetz eines Überlandwerkes an. Kirchliche Verhältnisse: Die Einwohner waren mit geringen Ausnahmen evangelisch und gehörten zum Kirchspiel Rheinswein. Schulische Verhältnisse: Die Dorfschule ist eine Gründung Friedrich Wilhelms I. 1886 erhielt sie eine zweite, 1905 eine dritte Klasse. Unter den Lehrkräften ist besonders Wilhelm Fischer zu erwähnen, der fast 40 Jahre die Mingfener Jugend erzog. 1937 bezog die Schule das moderne zweistöckige Gebäude. Letzter Hauptlehrer: Dyck. Den 1905 gegründeten Kindergarten leitete Fräulein Handrock.

Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Bericht von Otto Fischer folgende Angaben: Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 wurden erschossen: Heinrich Glaß, Frau Marie Spittka, ihr kriegsblinder Sohn Otto Spittka, Tochter Emma Spittka mit zwei Kindern, Frau Marie Rattay mit Sohn und Schwiegertochter, Waltrud Burzeya. Verschleppt sind 25 Personen, die nicht zurückgekehrt sind. Auf der Flucht kamen zwei Personen ums Leben. 54 Einwohner sind als Angehörige der Wehrmacht gefallen.

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Friedrich Böhm   2. Emil Glaß   3. Heinrich Burdinski   4. Otto Trzaska   5. Franz Sender   6. Emil Tuttas   7. Friedrich Wittkowski   8. Johann Panka   9. Gustav Kroll   10. Wilhelm Posdziech   11. Wilhelm Dutz   12. Michael Joswich   13. Julius Sack   14. Gustav Platzek   15. Julius Reiniger   16. Paul Ciesla   17. Johann Block   18. Otto Burdinski   19. Charlotte Kraska   20. Michael Katzinski   21. Emil Masuch   22. Heinrich Rattay   23. Ernst Skotzek

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg